Niederpretz II / Hutthurm

Ort

Niederpretz II
Gemeinde Hutthurm
Kataster-Nr. PA_Hu_04
Literaturhinweise

 

Erforschung Arndt, Baierl
Koordinaten 48.71891, 13.51005
Kategorie Erdstall sicher
Haversath, Heft 14 S. 200
Fotos  
Grundriss:  Baierl, Morgner

 

 

Der Erdstall Niederpretz II; Markt Hutthurm

 

Standort

Ausnahmestandort 

Der Ort Niederpretz ist im hochmittelalterlichen Siedlungsgebiet. Siehe dazu PA_HU_03_Niederpretz I

Allerdings ist der Standort von Niederpretz II, zumindest was die Untersuchungen in Niederbayern bisher ergeben haben, eine absolute Ausnahme.

Der Erdstall liegt in einer Entfernung von ca. 300 m vom Ort Niederpretz. Soweit das erkennbar ist, gibt die Historische Karte von ca. 1830 keinen Hinweis auf eine Unregelmäßigkeit in der Siedlungsgenese der dortigen Fluren.

Das Geländemodell, auch das höher auflösende, direkt vom Landesamt für Digitalisierung, Breitband und Vermessung Bayern besorgt, zeigt keine Unregelmäßigkeiten im Gelände. Helfen könnte lediglich eine geophysikalische Untersuchung. Eine solche, durchgeführt von Dr. Roland Linck vom BLfD Bayern, hat zwar in Doblberg, Gde. Aying,  den bekannten und eingemessenen Erdstall nicht gezeigt, allerdings interessante Hinweis auf die frühere Bebauung geliefert.

 

Geschichte 

Niederpretz ist in Heft 14 von Prof. Dr. Haversath eindeutig als hochmittelalterlich identifiziert.[1]

Unter „Liquidationsplan Prag“, das hat übrigens mit der Hauptstadt Prag der Tschechischen Republik nichts zu tun, steht „Niederpretz G H uGr“. Die Bezeichnung ist unter der Überschrift „8.2 Formaltypologische Einordnung von Gruppensiedlungen und Einzelhöfen des hochmittelalterlichen Siedlungsraumes“ genauer beschrieben:

G       Gewannflur

H       Hofwiesen

uGR unregelmäßige Gruppensiedlung

 

Der Erdstall

Die Fundproblematik

Auf der Anhöhe nördlich des Ortes Niederpretz auf einer Wiese, gepachtet von Max Reidl aus Niederpretz, hatte sich der Boden vor Jahren kreisrund und scharfkantig etwa 30 cm abgesetzt. Das wiederholte sich im Frühjahr 2015. Er informierte den Kreisheimatpfleger, der den Arbeitskreis für Erdstallforschung. In meiner damaligen Zuständigkeit für Erdställe im Landkreis Passau habe ich mich mit Max Reidl vor Ort getroffen. Weit und breit war keine Bebauung aus früherer Zeit erkennbar. Das historische Niederpretz ist 300 m entfernt. Die Historische Karte von ca. 1830 zeigt lediglich ganz unauffällige Flurformen. Der Blick in den Historischen Atlas des Abteilandes gibt keinen Hinweis auf eine Wüstung oder eine abgegangene Burg. Der Burgstall Neuhaus ist nur einige hundert Meter entfernt auf der nördlichen Seite der Ilz.

Hin und hergerissen zwischen graben und nicht graben habe ich einige Forscherkollegen des Arbeitskreises aus ganz Altbayern motiviert, mitzumachen. Die Untere Denkmalschutz-behörde und das BLfD wurden informiert. So weit weg von jeglicher bekannter Bebauung ein Erdstall? Phantastisch, aber realitätsfern. Wir haben homogenes Material herausgehoben, gesiebt. Keine Steine. Am ersten Grabungstag haben wir eine Tiefe von ca. 2,5 m erreicht. Nur knapp konnten wir uns überreden, an einem weiteren Tag tiefer zu gehen. Das Loch mit einem Durchmesser von 120 cm war an den Rändern stabil, der Gneiszersatz nahm ständig an Härte zu. Keine Gefahr für die Leute an der Sohle. Die Sondierstange war bis etwa 4,8 m Aushubtiefe leicht im Material der Verfüllung einzuschlagen. Dann wurde das Gestein nach unten fester. Steine kamen zum Vorschein und außerhalb der Steinreihe zeigte sich ein Hohlraum. Wir hatten anscheinend einen Erdstall von einem Bauhilfsschacht aus angegraben, ohne jegliche Zerstörung der Grundstruktur. Durch eine enge Öffnung hielt Christina Morgner eine Kamera. Die Fotos zeigten zweifelsfrei ein Erdstallfragment.

Was dann in den nächsten Monaten wegen Niederpretz II geschah, ist eine Geschichte zu Grundsatzfragen der Bodendenkmalforschung in Bayern.

 



[1] Passauer Schriften zur Geographie, Heft 14; Johann-Bernhard Haversath, S. 200; 1994

 

C 14 – Untersuchung

Das BLfD Regensburg hat 2018 ein Holzstück aus dem Erdstall Niederpretz II im „rem – Klaus-Tschira-Archäometrie-Zentrum an der Universität Heidelberg“ untersuchen lassen[1]

Das Ergebnis, kurz zusammengefasst:

Das aus dem Erdstall entnommene Holzstück ist zu datieren auf das Hochmittelalter, zwischen    1045 AD bis 1213 AD.


[1] Auftrag 180281

Planskizze

 

Fred Baierl , assistiert von Christina Morgner, hat in gewohnter Weise Skizzen des Erdstalls gefertigt.

Zusammenfassung

Der Erdstall Niederpretz II ist der Hammer!

Ein Erdstall an einem Ort, wo keiner sein kann, weil fern ab jeglicher Bebauung. Angegraben über einen, bzw. den Bauhilfsschacht. Erstellung altersmäßig bestimmt über C 14 auf das Hochmittelalter. Kein weiterer Zugang erkennbar. Möglicherweise nach Fertigstellung und Verfüllung des Bauhilfsschachtes nie mehr betreten.

 

 

Bodendenkmal

Der Erdstall Niederpretz II ist im Bayern-Atlas mit Denkmaldaten, Stand 11_22 als Bodendenkmal aufgeführt.[1]

Aktennummer:D-2-7247-0187; Kurzbeschreibung: Spätmittelalterlich-frühneuzeitlicher Erdstall.

Hinweis: In den allermeisten Objektinformationen der Bodendenkmal-Daten (BLfD) werden Erdställe in Bayern als spätmittelalterlich frühneuzeitlich bezeichnet.

Erdställe in Bayern sind im Hochmittelalter entstanden. Daran ist nicht zu zweifeln.

 



[1] Denkmalliste Bodendenkmäler Bayern, Stand 11_22