Erdställe in Bayern

Karl Schwarzfischer aus Roding hat im November 1973 den "Arbeitskreis Erdstallforschung" gegründet. Eine Vielzahl von Heimatforschern insbesondere aus Bayern, Österreich, Frankreich, Tschechien und Irland befassen sich seither gemeinsam mit diesem Thema. 

Erdställe sind künstlich geschaffene unterirdische Gangsysteme. Sie sind im Hochmittelalter unter und bei bäuerlichen Anwesen, aber auch neben und unter Kirchen und kleinen Burganlagen zu finden. Sie sind „fundleer“. 

Es gibt keine schriftlichen Aufzeichnungen aus der Entstehungszeit. Weil wir meist nur Fragmente vorfinden ist es nicht einfach ein vorgefundenes Gangstück eindeutig zu bestimmen. 

Erdställe - Stand der Forschungen

Was ist ein Erdstall?
 

Fakten - Vermutungen – Spekulationen

Prof. em. Dr. Johann-Bernhard Haversath – Nikolaus Arndt

Erdställe sind - so ist auf der Seite www.erdstallforschung.de zu lesen - „künstlich angelegte Höhlen. Die Erdställe bestehen aus niedrigen Gängen und Kammern, die scheinbar in sinnloser Reihenfolge im Untergrund angelegt worden sind.“ Im Volksmund werden sie auch als Schrazlgänge bezeichnet, benannt nach den Schrazln, zwergenartigen Schutzgeistern, die angeblich in den Erdlöchern wohnen. Mit Erdställen begeben wir uns - so viel ist jetzt schon klar - auf schwankenden Boden und müssen aufpassen, dass wir Sein und Schein nicht miteinander verwechseln.

 

An dem Thema scheiden sich die Geister. Voreilige Schlüsse zu ziehen ist deshalb fahrlässig. Die Interessengemeinschaft Erdstallforschung (IGEF), die am 27. Juli 2022 mit 20 Mitgliedern in Aldersbach tagte, kennt die unterschiedlichen Hypothesen, die immer wieder bemüht werden: „Am einfachsten wäre eine Deutung als Versteck. Dagegen spricht ihre Architektur. Sind es dann unterirdische Kultstätten? Vieles deutet darauf hin, dass Erdställe nie betreten wurden. Kann also eine derart mühsame Arbeit unter Tage [d. h. die Anlage in felsigem Untergrund (JBH)] lediglich einem symbolischen Zweck gedient haben?“ (www.erdstallforschung.de).                                              

Eine andere (Hypo-)These deutet die Erdställe als Seelenkammern'. Als Vorrats- oder Fluchtraum können sie jedenfalls wegen der Enge und der niedrigen Höhe nicht eingruppiert werden.

Ernsthafte Höhlenforscher bleiben da bei den Fakten. Sie nehmen die unterirdischen Höhlen in Augenschein, vermessen und dokumentieren die Erdställe, vergleichen Maße und Formen mit anderen Vorkommen und sind nicht enttäuscht, wenn ein vermeintlicher Schrazlgang sich plötzlich als ehemaliger Bergbaustollen entpuppt - so geschehen bei Klafferstraß, Gde. Neureichenau, (PNP Mai 2022)

 

Wir halten also folgende formale Kennzeichen fest:

1. Erdställe bestehen aus schmalen, niedrigen Gängen mit Spitz- oder Rundbögen;

2. sie sind in standfestem Gestein (Fels oder Löss) ohne Mauern oder Stützen angelegt;

3. enge Schlupflöcher verbinden die verschiedenen Teile oder Ebenen;

4. kleinere und größere Verbreiterungen, so genannte Kammern, sind durch Gänge miteinander verbunden;

5. immer wieder gibt es kleinere Ausbuchtungen (Nischen) in den Seitenwänden, größere Nischen haben das Aussehen von Sitzbänken;

6. bei vielen Erdställen gibt es Hilfsschächte, durch welche beim Bau der herausgehauene Fels abtransportiert wurde, nach Fertigstellung wurden sie mit einer Trockenmauer wieder geschlossen;

7. der Einstieg erfolgt in der Regel senkrecht.

>>>  In einem Video, erstellt von Studierenden (Greta Martensen, Simon Eymann und Vladislav Laptev)
der Hochschule Hannover Visuelle Kommunikation als Bachelor-Arbeit, sind die wesentlichen Merkmale eines Erdstalls kurz und prägnant dargestellt.

 

Eine aktuelle Bestandsaufnahme von nachgewiesenen Erdställen zeigt im erweiterten Einzugsbereich der Donau zahlreiche Vorkommen. In manchen Gegenden sind sie räumlich gehäuft (v. a. im Böhmischen Massiv [Bayerischer Wald/ Oberpfälzer Wald / Wachau / Waldviertel / Südmähren]), in anderen (z. B. Schwarzwald, Fichtelgebirge) fehlen sie trotz geologischer Vergleichbarkeit vollständig. Der Grund hierfür ist noch unklar. Es kann einerseits am Untergrund liegen, andererseits an den Gewohnheiten oder Riten der früheren Siedlergruppen (Erdställe entstanden in Bayern und Österreich vorwiegend im Hochmittelalter, d.h. im 11. bis 13. Jh.), es kann sich aber auch um Forschungslücken handeln.

Arndt und Baierl (2022) haben in den letzten fünf Jahren das von Erdstallforschem in den letzten 50 Jahren aufgebaute Erdstallregister von Niederbayern bearbeitet. Dabei ist aus den ca. 400 Hinweisen auf unterirdische Gänge ein Erdstallkataster mit insgesamt 151nachgewiesenen Erdställen entstanden. Davon befinden sich in Stadt und Landkreis Passau 49 Erdställe. Verblüffend ist folgender Befund: im südlichen Bayerischen Wald lassen sich nur im donaunahen ältesten Siedlungsraum (nach Haversath 1994) Erdställe nachweisen. Sämtliche künstlichen Höhlen liegen hier im Nahbereich von Hofstellen, die als hochmittelalterlich identifiziert sind. Im später besiedelten, nördlich anschließenden Siedlungsraum des Spätmittelalters und der Frühen Neuzeit gibt es dagegen keine Erdställe. Dies kann als Hinweis auf die zeitliche Stellung der Höhlen interpretiert werden; demnach sind die Erdställe mindestens 800 Jahre vor heute entstanden.

Zum Thema Erdstall gibt es nach wie vor mehr Fragen als Antworten, mehr Unsicherheit als Sicherheit, in einer solchen Situation ist es besonders wichtig, die Dokumentation nach einheitlichen Kriterien zu betreiben, also zu vermessen, zu dokumentieren und zu vergleichen. So kann ein Fundus an Wissen aufgebaut werden, der vielleicht auch (in einem späteren Schritt) begründete Antworten zu weitergehenden Fragen erlaubt und das Geheimnis der Erdställe lüftet. 

Ausgewählte Fundstellen dazu:

Ahlborn, D. (2010): Geheimnisvolle Unterwelt. Das Rätsel der Erdställe in Bayern. Aying. 

Arndt, N., Baierl, A. (2023): Erdstallkataster Niederbayern

Haversath, J.-B. (1994): Die Entwicklung der ländlichen Siedlungen im südlichen Bayerischen Wald. Passauer Schriften zur Geographie, Heft 14. Passau.

Rammer, S. (2019): Einstieg in den Warteraum der Seelen. - In: Passauer Neue Presse, Nummer 101, 1. Mai 2019, S. 3.

Koschinski, S (2022): Meine unterirdische Geschichte. – In: Passauer Neue Presse,  7. Mai 2022

Tolksdorf, U. (2018): „Früher waren die Menschen doch viel kleiner!“ Körpergröße und die Nutzung der Erdställe. - In: Die künstliche Höhle. Jahrgang 2018, S. 6-7. www.erdstallforschung.de


Grundlagen 

  • Die Erdstallforschung in Bayern hat seinen Ursprung in der Arbeit von Karl Schwarzfischer aus Roding, Oberpfalz. Bereits 1968 veröffentlichte er das Buch „zur Frage der Schrazellöcher oder Erdställe“ 
  • Das Jahresheft „Der Erdstall“ des Arbeitskreises für Erdstallforschung herausgegeben seit 1975. 
  • Die Jahreshefte „Die Künstliche Höhle“ der Interessengemeinschaft Erdstallforschung seit 2016 sind wichtige Grundlage für die Arbeit in Deutschland und Österreich.  
  • www.erdstallforschung.de bildet einen informativen Rahmen.

Das Register zu "Unterirdischen Gängen" in Bayern

Schwarzfischer hat 1982 erstmals ein Register mit Hinweisen auf Erdställe aufgestellt. Dabei wurde nicht unterschieden, ob unter dem Hinweis tatsächlich ein Erdstall zu finden ist, oder ob es sich um einen anderen, unterirdischen Gang handelt oder ob sich gar nur eine Sage dahinter verbirgt. Dieses Register wurde immer wieder mit neuen Hinweisen ergänzt. Regine Glatthaar, Hannelore Schulz und Anton Haschner haben im Heft 30 „der Erdstall“ die Hinweise tabellarisch aufgeführt. Dabei wurden alle Quellen, Fundstellen und weitere Hinweise in das Register eingetragen. Zusammen mit Dr. Walter Kick wurde das Register 2010 ergänzt und steht öffentlich zur Verfügung. Eine unglaublich umfassende Arbeit von Heimatforschern. Dieter Ahlborn hat aus den Listen die Ortsnamen den Landkreisen incl. krsfr. Städten in Bayern zugeordnet. In den Registern wurde für jeden Hinweis der Begriff „Erdstall“ verwendet, egal, ob es sich um einen solchen handelt oder um ein anderes Ganggebilde oder lediglich um eine Erzählung aus alten Zeiten. Waren es bei Schwarzfischer 1982 erst 292 registrierte Hinweise, zählten 2010 Dr. Kick und ff. bzw. Ahlborn knapp 700 „Erdställe“ im Register. 
Nach den zwischenzeitlich erfolgten Recherchen durch Arndt und Baierl und den Ergänzungen im Raum Unterfranken sind aktuell insgesamt deutlich über 800 Nennungen im Register für ganz Bayern enthalten, die sich auf die bayerischen Regierungsbezirke wie folgt verteilen:

Regionale Verteilung der "Unterirdischen Gänge/Anlagen in Bayern (Basis Register der "Unterirdischen Gänge/Anlagen)

Abb. 1: Regionale Verteilung der "Unterirdischen Gänge/Anlagen in Bayern

Abb. 2: Regionale Verteilung der "Unterirdischen Gänge/Anlagen in Bayern (Kartensicht)


Das Erdstallkataster von Bayern

Arndt und Baierl haben sich in den letzten sechs Jahren die Aufgabe gestellt, die registrierten „Unterirdischen Gänge/Anlagen“ aufzuteilen in „echte“ Erdställe und in "sonstige unterirdische Gänge/Anlagen", bei denen eine Klassifizierung als Erdstall ohne weitere Erkenntnisse nicht möglich ist. Unterteilt werden die „unterirdischen Gänge/Anlagen“ in

 

„Erdstall nachgewiesen“

=> rot         in der .kml* Datei

„Erdstall wahrscheinlich“ 

=> blau       in der .kml Datei

„Erdstall nicht sicher“

=> grün       in der .kml Datei

„sonstige, unterirdische Gänge/Anlagen, nach bisherigen Erkenntnissen keine Erdställe“

 

=> schwarz in der .kml-Datei im Untersuchungsgebiet Arndt

=> orange** bzw. grau*** in der .kml-Datei im       Untersuchungsgebiet Baierl

 

*Abkürzung für "Keyhole Markup Language", ein XML-basiertes Dateiformat für die Anzeige von Informationen in einem geographischen Kontext (z.B. Bayern-Atlas)

** orange: es handelt sich hierbei um unbestimmte, unterirdische Gänge/Anlagen, keine Erdställe

*** grau: nicht nachgewiesene, unterirdische Gänge/Anlagen aus dem Sagenbereich bzw. mündlichen Überlieferungen

 

Es ist den bearbeitenden Erdstallforschern bewusst, dass es hier bei jedem einzelnen registrierten „Erdstall“ Diskussionsbedarf geben kann. Vorgegangen ist man derart, dass es jeweils einen „federführenden“ Ersteller gab. Der andere, ohne das Prüfergebnis zu kennen, eine zweite Wertung abgab. Gab es im Vergleich Abweichungen, so wurde nach Diskussion und Abwägung eine gemeinsame Festlegung getroffen.

Systematik der Vorgehensweise: 

Über gängige EDV-Programme konnten die auf Ortsnamen bezogenen Dateien von Dr. Kick, bzw. von Arndt und Baierl ergänzt, den sieben Regierungsbezirke und den insgesamt 92 Landkreisen und kreisfreien Städten zugeordnet werden. Die kreisfreien Städte wie z.B. Passau, und Landshut sind den jeweiligen Landkreisen zugeordnet (außer im Stadtgebiet Passau gibt es ohnehin in Bayern keinen „echten“ Erdstall in einer kreisfreien Stadt).

Die Registernennungen von Ortsbezeichnungen wurden dann den jeweiligen Gemeinden mit Registernamen zugeordnet.

Beispiel:

Erdstall Unterholzen-Gemeinde Beutelsbach-Landkreis Passau => PA_BE_03_Unterholzen

 

Bearbeitung bezogen auf Regierungsbezirke und Landkreise: 

In einem ersten Schritt wurden die rund 800 Nennungen im Register "Unterirdische Anlagen" den sieben Regierungsbezirken zugeordnet:

400 Nennungen, 50%, davon allein für Niederbayern. Das niederbayerische Register ist in die neun Landkreise aufgeteilt, die Nennungen sind mit Gemeindebezug einzeln nummeriert.

Der Land- und Stadtkreis Passau wurde in einem weiteren Schritt von Nikolaus Arndt, sämtliche anderen Landkreise wurden, angefangen mit Freyung-Grafenau und Regen, von Fred Baierl bearbeitet.

(Corona hat die Arbeit behindert. Über einen längeren Zeitraum 2020 und 2021 waren keine Ortsbesichtigungen möglich).

 

Aufwändige Recherche anhand vorhandener Arbeitsgrundlagen:

 Im Unteren Bayerischen Wald wurde die Arbeit durch den engagierten Kreisheimatpfleger Georg Schurm unterstützt. Seine Ortskenntnis und sein Bekanntheitsgrad haben viele neue Erkenntnisse geliefert.

Die Erdstallarchive der Kreisheimatpfleger Rupert Berndl und Manfred Stolper

Berndl und Stolper haben sich mit großer Hingabe bereits ab den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts der Erdstallforschung gewidmet. Beide haben uns ihre umfangreichen Archive zur freien Verfügung gestellt. Nach dem Einscannen Hunderter von Originaldokumenten sind die Unterlagen wieder an die beiden Ersteller zurückgegangen.

Auch Prof. Dr. Reinhard Haller stellte das Erdstallarchiv "Wagner" zur Verfügung-

 

Einzeldarstellungen zu den „echten“ Erdställen:

Nach Zuordnung sämtlicher Nennungen des Erdstallregisters in Regierungsbezirke, Landkreise und Gemeinde konnten die Einzelbetrachtungen starten.

Der Bayernatlas mit den verschiedenen Karten, insbesondere der Historischen Karte ist ein Werkzeug, ohne dem diese Arbeit nicht zu schaffen wäre. Screenshots des Kartenausschnitts der Uraufnahme, diese entstanden in Niederbayern in der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts, und dann der Eintrag des vermuteten Gangsystems sind eine unermessliche Arbeitserleichterung.

 

Abgleichen von Quellen, Archivdaten von Stolper und Berndl und Ortsbesichtigungen:

Für jede Nennung im Erdstallregister wird eine Einzeldatei angelegt. Im Laufe der nächsten Monate werden diese - im Erdstallkataster als „echte“ Erdställe qualifiziert- auf dieser Website dokumentiert.

In jahrelanger Arbeit wurde jede Einzelnennung im Erdstallregister untersucht.

Welcher Hinweis kann einem „echten“ Erdstall zuordnen werden?

Da die Bewertung neben objektiven Kriterien immer auch subjektive Einschätzungen beinhaltet, sind die Zuordnungsentscheidungen nicht immer leichtgefallen. (Es ist wünschenswert, wenn ernsthafte Überlegungen und Betrachtungsweisen an die Ersteller des Erdstallkatasters herangetragen werden. Die Website enthält dafür entsprechende Kontaktmöglichkeiten)

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Die Visualisierung: Wie können die Ergebnisse in einfacher Form präsentiert werden? 

Dafür sind die koordinatengenauen Zuordnungen mittels sog. kml-Dateien, die über den Bayernatlas generiert werden, eine große Hilfe.

Forscherkollegen arbeiten damit an einem bayernweiten Mühlenprojekt bzw. an einer Übersicht zur Geschichte bäuerlicher Anwesen im Gerichtsbezirk Griesbach und darüber hinaus in Niederbayern. Beide Forscher haben uns in ihre jahrelang aufgebauten Erfahrungen einbezogen. Hat man ein Erdstall als Objekt in der Historischen Karte des Bayernatlas lokalisiert, ist es relativ einfach, die xy-Koordinaten abzulesen und zu dokumentieren. 

Dabei und vor allem auch bei der technischen Umsetzung, Gestaltung und Befüllung der Website "Erdstall-Kataster-Bayern.com" wurden und werden wir tatkräftig von Hermann Arndt unterstützt.

 

Wir arbeiten in der Interessengemeinschaft Erdstallforschung ohne jegliche finanzielle oder sonstige Unterstützung der Unteren Denkmalschutzbehörden, des BLfD und der wissenschaftlichen Institutionen.

Erste Ergebnisse

 

Ausgehend von den Analysen bezogen auf die Landkreise Passau (incl. Stadt Passau), Freyung-Grafenau und Regen werden sämtliche neun landkreisbezogenen Erdstallkataster des Regierungsbezirks Niederbayern einzeln sowie als Gesamtkarte mit den farblich unterschiedlich klassifizierten „echten“ Erdställen grafisch dargestellt. 

Abb. 3: Koordinatengenaue Darstellung der für Niederbayern als Erdställe klassifizierten Unterirdischen Gänge/Anlagen auf Basis Geoportal Bayern 

Erstmals gibt es nun eine statistische Übersicht:

Von den 403 Nennungen im Register für unterirdische Gänge/Anlagen sind aktuell 152 (also rund 40%) den „echten“ Erdställen  und damit dem Erdstallkataster zuzuordnen. Dabei schwanken die Zahlen zwischen den Landkreisen erheblich.

 

Hochgerechnet auf Bayern mit rund 800 Nennungen im Erdstallregister wäre das mit etwa 320 „echten“ Erdställe eine beträchtliche Anzahl.

Erdställe in anderen Regierungsbezirken

Die Erfassung in den Erdstallregistern bei den anderen Regierungsbezirken Bayerns ist ähnlich hochwertig wie in Niederbayern.

Karl Schwarzfischer hat in der Oberpfalz die Grundlagen geschaffen und in Oberbayern gibt es seit Jahrzehnten eine Reihe von unermüdlichen Forschern.

Arndt und Baierl werden 2023 mit dem Erdstallkataster der Oberpfalz fertig. Die Kartenübersichten im Entwurf liegen vor.

Für Mittel-, Ober und Unterfranken arbeitet Heike Gems-Müller am Erdstallkataster.

 

Oberbayern und Schwaben harren noch der Bearbeitung.

Bodendenkmalliste des Bayerischen Landesamtes für Denkmalschutz (BLfD) und Erdstallkataster

Historische Einordnung

Das BLfD und die Unteren Denkmalschutzbehörden sind per Gesetz verpflichtet, sich mit dem Erhalt von Bodendenkmälern zu befassen. Es gibt eine „Denkmalliste Bayern“, wo sämtliche Bau- und Bodendenkmäler verzeichnet sind. Die Denkmalliste ist im BayernAtlas Register "Bauen und Planen - Denkmaldaten"  geografisch dargestellt.

Schaut man in die Denkmalliste und dabei auf die Beschreibung eines Erdstalls, so wird er meist, auch bei ganz aktuellen Nennungen, als „spätmittelalterlich-frühneuzeitlich“ klassifiziert. Dies ist historisch nicht haltbar.

Erdstallkataster und Bodendenkmalliste

In der Oberpfalz gibt es eine signifikante zahlenmäßige Korrelation zwischen „echten“ Erdställen und der Denkmalliste. Im Landkreis Cham liegt die Übereinstimmung bei nahezu 100%. In den Landkreisen PA, FRG, REG und PAN nur etwa bei 30%. Der Grund dafür dürfte darin zu suchen sein, dass sich das BLfD über Jahrzehnte nicht für Erdställe interessiert hat. Ähnlich sieht es bei den dortigen Unteren Denkmalschutzbehörden und deren archäologischer Betreuung aus. Man kann sich zwar dem Argument nicht verschließen, dass die ca. 40% im Erdstallkataster genannten Erdställe im Verhältnis zu 100% im Erdstallregister angeführten unterirdischen Anlagen, zu hoch gegriffen sind, muss das dann aber in der Gesamtbetrachtung mit der Oberpfalz sehen. Da gibt es für die Listenreferenten des BLfD erheblichen Handlungsbedarf. 

 

Einträge in der Denkmalliste des BLfD in Relation zu den "unterirdischen Gängen/Anlagen" nach Landkreisen (Niederbayern und Oberpfalz)

Abb. 4: Einträge in der Denkmalliste des BLfD in Bezug auf die Kategorisierung der "Unterirdischen Gänge/Anlagen" im Register
Abb. 4: Einträge in der Denkmalliste des BLfD in Bezug auf die Kategorisierung der "Unterirdischen Gänge/Anlagen" im Register

Zusammenfassung

 

Erdställe sind hochmittelalterliche unterirdische Bauwerke. Sie sind der Nachweis einer ganz besonderen Siedlungsstruktur. Warum diese Gänge in monatelanger Arbeit in den meist felsigen Boden beim Start der Besiedlung getrieben wurden, ist nach wie vor rätselhaft. Was hat die Leute angetrieben? Erdställe sind in Niederbayern und darüber hinaus in ganz Altbayern und im nördlichen Österreich die bedeutendsten Bau- und Bodendenkmäler des Hochmittelalters. Was kann damit in den Vergleich treten? Kirchen- und Klosterbauten sind in der Baustruktur seit der hochmittelalterlichen Grundsubstanz mehrmals verändert. Profane Bauten ohnehin nicht vorhanden.